Weniger Liquidität = mehr Volatilität

Marktkommentar, Januar 2019

Weniger Liquidität = mehr Volatilität

In der ersten Dezemberhälfte warnten wir vor der kommenden ansteigenden Volatilität der Märkte. Verschiedene Faktoren erhöhen die Volatilität. Einerseits strukturelle Gründe: weniger Liquidität an den Märkten, weniger monetäre Liquidität, Geopolitik, andererseits auch konjunkturzyklische Gründe (Konjunkturabschwächung). Wer weniger Volatilität will, sollte aber auf Aktien nicht verzichten (die Bewertungen sind schon zurückgekommen), kann jedoch defensiver durch Einsatz von Aktien mit geringerer Marktsensitivität oder höhere Gewichtung von sicheren Häfen wie US-Staatsanleihen oder Gold in diesen unsicheren, volatileren Zeiten vorgehen.

Die Wochen um den Jahreswechsel haben uns gezeigt, dass wir in den kommenden Monaten vielleicht noch öfter derartige erleben werden. Erratische Schwankungen von mehreren Prozent in den wichtigen Aktienmärkten, zuerst in eine Richtung, dann in die andere, aber letztlich unberechenbar. Was sind die Gründe für die stärker werdenden Schwankungen? Wir sehen vier Gründe. Zum ersten hat der Marktanteil der Privatinvestoren nach den beiden Aktienkursstürzen von je über 40 % von 2001/02 und 2008/09 stark abgenommen. Ebenso klar abgenommen hat der Anteil der globalen Banken am Marktvolumen seit dem Inkrafttreten der Volcker-Regeln, welche den Eigenhandel weitgehend verboten haben. Durch das Aufkommen der algorithmischen Computerprogramme, im Einsatz nicht nur bei Hedge Fonds, sondern inzwischen auch bei vielen institutionellen Anlegern, dominieren nun die Maschinen, nämlich diese Trader-Roboter, die Marktvolumen. Besonders bei geringer Marktliquidität wie an den Weihnachtsfeiertagen können einzelne Verkaufs-, aber auch Kaufsaufträge daher zu Tagesbewegungen von 3 - 5 % in Aktienmärkten führen. Die algorithmischen Computerprogramme reagieren auf bestimmte Signale, z. B. eine zu restriktive Wortwahl der US-Zentralbank, die auf weitere Zinserhöhungen hindeutet, automatisch mit grossen Verkaufsorders. Diese «Trader-Roboter» werden also immer gefährlicher in dem Sinne, dass sie zu noch höherer Volatilität führen.

Zum zweiten stammt die steigende Volatilität auch von der abnehmenden monetären Liquidität. Weil die globalen Zentralbanken die Finanzkrise 2008 nur mit massivem Ankauf von Anleihen und Aktien sowie Zinssenkungen beenden konnten und sich die Finanzmärkte an diese monetäre Medizin als Unterstützung gewöhnt haben, reagieren vor allem die Aktienmärkte zunehmend mit Abschlägen in der Bewertung und mit hoher Volatilität auf die immer stärker werdende Reduktion der Geldliquidität durch die Zentralbanken. Die US-Zentralbank tätigt seit einiger Zeit keine Anleihenkäufe mehr, reduziert im Gegenteil die Bilanz um USD 50 Mia. pro Monat und hat die Zinsen seit Monaten immer weiter erhöht. Auch die Europäische Zentralbank hat bestätigt ab Dezember ebenfalls keine Anleihenskäufe mehr zu tätigen, was alles zusammen zu sinkender Geldliquidität an den Finanzmärkten führt und letztlich höhere Finanzierungskosten und damit weniger Gewinnwachstum für Unternehmen bedeutet (weniger Zentralbank-Nachfrage nach Unternehmensanleihen führt zu höheren Zinskosten für Unternehmen).

«Wer weniger Volatilität will, kann Aktien mit geringerer Marktsensitivität, US-Staatsanleihen oder Gold höher gewichten.»

Gérard Piasko, Chief Investment Officer

Zum dritten resultiert die steigende Volatilität der Aktienmärkte, aber auch anderer konjunktursensitiver Anlagen wie Rohstoffe und insbesondere Öl, sowie auch konjunktursensitiver Anleihen, vor allem High Yield, aus einer steigenden Unsicherheit über die Weltwirtschaft. In den letzten Wochen haben sich klare Signale gezeigt, die anzeigen, dass sich das Wirtschaftswachstum 2019 verglichen mit 2018 abschwächen wird. In den grossen Volkswirtschaften, in den USA, China und Europa, haben wichtige Vorlaufindikatoren nicht nur die schon tieferen Erwartungen der Analysten und Ökonomen enttäuscht, sondern zeigen sogar in kurzer Zeit so grosse Rückschläge wie seit Jahren nicht mehr. Bei der deutschen Industrieproduktion kann man vielleicht wieder auf den Spezialfaktor Autoabgastest hinweisen, aber wenn sich viele schlechtere Wirtschaftsdaten auf verschiedenen Kontinenten in kurzer Zeit häufen, gilt es aufzuhorchen.

Zum vierten kommen als Grund für die steigende Unsicherheit prominente Ertragswarnungen, vor allem von Technologiefirmen wie Apple oder Samsung hinzu. Die rekordhohen Gewinnmargen der US-Firmen könnten der Vergangenheit angehören wegen des Rückgangs des Welthandelswachstums. Eine nicht nur temporäre, sondern nachhaltige Beendigung des Handelskonflikts zwischen den USA und China könnte die eingetrübte Lage bei der Geschäftsstimmung in vielen Ländern wieder verbessern und so besonders die Aktienmärkte Europas wieder nach oben bringen. Denn der schon über viele Monate bisher ungelöste Handelskonflikt belastet immer mehr die Investitionstätigkeit in der Weltwirtschaft und nicht nur in den Aktienmärkten. In Europa kommt noch die Unsicherheit über die Brexit-Problematik hinzu. Ein Austritt Grossbritanniens aus der EU ohne ein Abkommen, also ungeregelt, hätte auch für die Eurozone, vor allem exportorientierte Aktienmärkte und Firmen, klar gewinnmindernde Auswirkungen.

Es zeigt sich, dass was wir schon mehrmals gesagt haben: Je länger die politischen Unsicherheiten in der Welt andauern, desto grösser die ökonomischen Risiken und desto mehr Risikoprämie bzw. desto mehr Bewertungsabschlag verlangen die Märkte bei Aktien und riskanteren Unternehmensanleihen.

Was würde helfen, um die riskanteren Anlageklassen und besonders Aktien wieder für längere Zeit in einen Aufwärtstrend zu bringen? Allen voran, wenn die US-Zentralbank nicht nur temporär zur Überzeugung kommt, dass noch höhere Zinsen zu starke Rezessionsrisiken bringen und wieder für mehr monetäre Liquidität sorgt. Zweitens, wenn US-Präsident Trump einsieht, dass eine weitere Verschärfung des Handelskonflikts nun auch die USWirtschaft negativ beeinflusst, worauf ja verschiedene Indikatoren hindeuten. Drittens, wenn Chinas Präsident Xi Jinping gegenüber den USA und anderen westlichen Nationen nicht nur faireren Marktzugang nach China und tiefere Zölle ermöglicht, sondern auch die geistigen Eigentumsrechte westlicher Firmen respektiert und nicht auf forcierten Technologietransfer nach China pocht. Viertens, wenn China seine Wirtschaft deutlicher stimuliert. Fünftens, wenn die EU gegenüber Grossbritannien mehr Kompromisse macht, damit ein ungeregelter («harter ») Brexit vermieden werden kann. Und «last but not least», wenn die Regierungen in der Eurozone ihre Volkswirtschaften wieder auf mehr Wachstumskurs bringen.

Gérard Piasko

Gérard Piasko

Gérard Piasko leitet als CIO das Anlagekomitee der Privatbank Maerki Baumann & Co. AG. Zuvor war er über viele Jahre CIO bei Julius Baer, bei Sal. Oppenheim und bei der Deutschen Bank.

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Redaktionsschluss: 11. Januar 2019

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