Die drei Dimensionen der Virus-Wirkung auf die Weltwirtschaft

Marktkommentar, März 2020

Die drei Dimensionen der Virus-Wirkung auf die Weltwirtschaft

Leider bleibt der Coronavirus das bestimmende Marktthema. Weil es im Zeitalter der Globalisierung so etwas in diesem Ausmass noch nie gegeben hat, können die Auswirkungen nicht präzise genug abgeschätzt und quantifiziert werden. Szenarien können diskutiert werden, sind jedoch nicht als Prognosen zu verstehen. Die Wirkungen des Virus auf die Weltwirtschaft erfolgt in drei Dimensionen. Je nachdem, wie stark die Reaktion der Regierungen und Zentralbanken ausfällt, kann die negative Wirtschaftswirkung des Virus kompensiert werden. Gold dient in jedem Fall der Diversifikation und profitiert zudem von den erneut sinkenden Zinsen.

Die Gesundheit der Menschen sollte bei den Regierungen oberste Priorität haben, weshalb Massnahmen zur Eindämmung bzw. Begrenzung der Virusausbreitung in allen betroffenen Ländern der Welt zunehmen dürften, auch wenn sie kurzfristig eine weniger starke Konjunktur bedeuten. Ohne intaktes Volk wohl keine intakte Volkswirtschaft. Die Wirkungen der Virusausbreitung auf die Weltwirtschaft erfolgt anhand von drei Dimensionen:

Die erste Dimension betrifft die Angebotsseite der Weltwirtschaft. Das Angebot an Gütern wird beeinträchtigt, weil die Produktion von Gütern durch die Virusausbreitung negativ beeinflusst wird. Die Abhängigkeit der globalen Güterproduktion von China, bereits im Handelskonflikt als Risiko sichtbar, entpuppt sich nun als deutliches Problem. Daher wird eine Folgerung sein, dass globale Unternehmen in Zukunft wohl weniger von China abhängig sein wollen. Dies bremst die Globalisierung mittelfristig und damit das Gewinnwachstum vieler Firmen ebenso, solange noch nicht Ersatz gefunden bzw. mehr diversifiziert ist. Die ersten von China veröffentlichten Wirtschaftsdaten zeigen eine klare Kontraktion der Produktion. Für die Unternehmen vieler Länder dürften die notwendigen Zwischengüter oder Komponenten aus China zu einem erheblichen Teil nicht geliefert werden, d. h. die globalen Lieferketten werden mindestens temporär unterbrochen. Die Virusausbreitung in den global wichtigen Ländern Südkorea oder Japan sollte ebenfalls nicht vergessen werden. Die erste Dimension der Viruswirkung trifft also die Produktion der Weltwirtschaft. 

Die zweite Dimension der Wirtschaftsauswirkung des Virus betrifft die Nachfrageseite der Weltwirtschaft, besonders die global wichtigen Dienstleistungssektoren. Diese haben in den letzten Jahren weltweit stark an Bedeutung gewonnen. Dazu gehören Tourismus und Konsum, z. B. Besuch von Restaurants, Shopping Malls, Veranstaltungen und Sportereignissen. Die chinesischen Touristen sind in vielen Ländern seit Jahren die wichtigsten Kunden und dürften in den nächsten Wochen und Monaten kaum wie bisher eintreffen. Die Virusausbreitung in westlichen Ländern wird mit zunehmend stärkeren Massnahmen bekämpft werden müssen, welche wie in Japan und Italien über Ausgehbeschränkungen den Konsum reduzieren könnten. Sollte die Virusausbreitung in Europa und in den USA klar zunehmen, wo 60 % bzw. 70 % der Wirtschaftsaktivität auf den Konsum entfallen, würde der Konjunkturrückgang deutlichere Züge annehmen.

«In turbulenten Zeiten hilft eine Diversifikation mittels Qualitätsanleihen, Aktien mit tieferer Marktsensitivität als der gesamte Aktienmarkt.»

Gérard Piasko, Chief Investment Officer

Hier kommt die dritte Dimension der Viruswirkung ins Spiel. Die Marktkorrekturen Ende Februar haben gezeigt, wie emotional Märkte und Menschen reagieren. Eine Verschlechterung der Stimmung der Konsumenten (in den USA historisch stark abhängig vom Stand der Aktienmärkte) kann den Konsum zusätzlich nach unten beeinflussen, wie wir in den Jahren 1990, 2002, 2008 oder 2011 gesehen haben. Auch die Geschäftsstimmung der Unternehmer ist fragil. Sie hat sich global in den letzten Monaten gerade erst vom halbwegs bewältigten Handelskonflikt erholt und schon kommt das nächste Problem. In Europa bestehen mit den politischen Unsicherheiten betreffend Brexit-Detailverhandlungen mit Grossbritannien, den von der Türkei wieder in die EU gesendeten Flüchtlingen und den innen- und sozialpolitischen Spannungen in Deutschland und Frankreich zusätzliche Risiken.

Die drei Dimensionen zeigen zusammengefasst, dass wegen der Virusausbreitung nun auch in anderen Ländern als nur China die Weltwirtschaft zusätzliche Risiken einer Wachstumsreduktion aufweist. Die OECD hat ihre Prognose für das 2020 um 0,5 % nach unten angepasst. Da wir im Januar bereits das globale Wirtschaftswachstum 2020 wegen des Virus um 0,25 % - 0,5 % tiefer einschätzten, sehen wir nun die Wachstumsrisiken nach unten eher über 0,5 %. Dies ist jedoch stark abhängig von den globalen Regierungen und Zentralbanken und deren beschlossenen Konjunkturstimulierungen sowie der weiteren Virus-Entwicklung. Die Zinssenkung der US-Zentralbank ist ein Schritt in die richtige Richtung; da aber diesmal das Problem nicht der Preis des Geldes, sondern das Zinsniveau ist und die Ursache auch nicht im Finanzsystem liegt, sollten, militärisch gesprochen, gröbere Geschütze aufgefahren werden. 

In der Finanzkrise 2008 wurden von den Zentralbanken neben Zinssenkungen umfangreiche Wertschriftenkäufe getätigt, besonders bei weniger liquiden Wertpapieren. Zudem wurden wichtige schwache Firmen direkt staatlich unterstützt (damals z. B. US-Autofirmen) und die Geldmärkte wurden mit Liquidität geflutet. Diesmal könnten direkte staatliche Geldhilfen an die Privatwirtschaft bzw. Steuersenkungen, besonders Fiskalunterstützung, für das Gesundheitswesen und direkt Virusbetroffene vielleicht mehr bewirken, weil die Zinsen, vor allem in Europa, ja schon sehr tief sind.

Bis die Virusausbreitung zurückgeht und / oder stärkere Konjunkturstimulierungen vieler wirtschaftlich wichtiger Länder annonciert werden, ist damit zu rechnen, dass dieser exogene und unerwartete Virus-Schock für die Weltwirtschaft zu Abwärtsrevisionen beim Gewinnwachstum globaler Unternehmen führen wird.

Gérard Piasko

Gérard Piasko

Gérard Piasko leitet als CIO das Anlagekomitee der Privatbank Maerki Baumann & Co. AG. Zuvor war er über viele Jahre CIO bei Julius Baer, bei Sal. Oppenheim und bei der Deutschen Bank.

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Redaktionsschluss: 6. März 2020

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