Immobilienkorrektur?

Marktkommentar, Oktober 2023

Immobilienkorrektur?

Die Frage, ob und in welchem Ausmass es zu einer Immobilienkorrektur kommen kann, gibt immer häufiger Anlass zu Diskussionen. Die kurze Antwort ist, dass es in den letzten Jahren zu so deutlichen Preissteigerungen kam, dass eine gewisse Korrektur eigentlich keine Überraschung sein darf. Die ausführlichere Antwort jedoch muss sein, dass dies ein hochkomplexes Thema ist, das von vielfältigen Faktoren beeinflusst wird. Noch weit mehr als bei den Aktienmärkten kommt es auf nationale und lokale Charakteristiken an. Nicht zufällig heisst das Motto bei Immobilien oft «it’s about location, location, location». Wichtig werden dürften unter anderem das verfügbare Angebot, aber auch Nachfragefaktoren wie Zuwanderung sowie die Zinsentwicklung. Über Letztere entscheiden die Zentralbanken, welche wegen der immer noch hohen Inflation selbst vor Herausforderungen stehen.

Mit dem Anstieg der globalen Zinsen, besonders in den angelsächsischen Ländern, wird vermehrt das Risiko einer weitergehenden Korrektur der Preise von gewerblichen und zum Wohnen benutzten Immobilien diskutiert. Warnungen gibt es genug. Als Beispiel dient Grossbritannien. Die beiden grössten britischen Hypothekargeber, die Nationwide Building Society und Halifax, haben schon im November 2022 über die stärksten Preisrückgänge seit der Finanzkrise 2008/2009 berichtet. Sie gaben ihrer Sorge Ausdruck, dass eine Immobilienkorrektur bevorstehe, welche so stark ausfallen könnte wie jene von 1989/1990, als die Preise um rund 20 % nachgaben. In einem Worst-Case-Szenario, meinten sie, sei auch ein Rückgang um 30 % möglich, auch wenn eine weniger ausgeprägte Korrektur wahrscheinlicher sei. Ein Vergleich von gängigen fundamentalen Bewertungsfaktoren lasse auf eine Überbewertung von rund 20 % schliessen. Der Auslöser für eine deutlichere Korrektur ist nicht schwierig herauszufinden, nachdem die Hypothekarkosten auf das höchste Niveau seit der Finanzkrise von 2008/2009 angestiegen sind. Gemäss der britischen Zentralbank, der Bank of England, ist rund ein Drittel der auf eine feste Laufzeit fixierten britischen Hypotheken bereits im Jahr 2024 zur Refinanzierung fällig. Da die britische Bevölkerung mit einer in 40 Jahren nicht mehr erlebten hohen Inflation zu kämpfen hat, könnte eine Immobilienkorrektur nicht zu unterschätzende Folgen auf die Wirtschaftsentwicklung haben. 

Auch in den USA sowie anderen Ländern wie Australien oder Kanada und besonders in Skandinavien könnte eine Immobilienkorrektur nicht nur geringe Ausmasse annehmen. Im Vergleich zu wichtigen fundamentalen Kriterien schätzte beispielsweise Bloomberg, dass die Preise von US-Wohnimmobilien um rund 15 % korrigiert werden könnten. Vor allem in den letzten, von der Corona-Pandemie gekennzeichneten Jahren sei es zu einem Wohnimmobilien-Boom gekommen, der alle vorhergehenden Boom-Phasen der letzten 40 Jahre übertroffen habe. Allein zwischen März 2020 und Sommer 2022 erhöhten sich die US-Häuserpreise durchschnittlich um volle 40 %. Ein positiver Faktor dürfte allerdings die Tatsache sein, dass der Anteil minderwertiger Hypothekarkredite, der sogenannten «Subprime Loans», im Verhältnis zu allen Hypotheken seit 2008 klar zurückgegangen ist und viele globale Banken inzwischen über bessere Kapitalpolster verfügen. Daher würde eine Immobilienkorrektur in den USA oder Europa zwar die Wirtschaft belasten, jedoch kaum wieder zu einer so grossen Finanzkrise wie 2008/2009 führen.

Immobilien sind von vielfältigen komplexen Faktoren beeinflusst und von der Politik der Zentralbanken abhängig.

Gérard Piasko, Chief Investment Officer

Sowohl in den USA wie auch in vielen europäischen Ländern haben sich die Hypothekarkosten für Immobilien mehr als verdoppelt. Gewerbeimmobilien ihrerseits sind historisch bei einer Wirtschaftsabschwächung wegen ihres besonders zyklischen Charakters besonders anfällig. Bisher sind erst wenige Bremsspuren in der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung vonseiten des Immobiliensektors zu spüren gewesen. Doch die Erfahrung der chinesischen Wirtschaft mit der Abschwächung des Immobiliensektors von 2021/2022, welche übrigens noch anhält, zeigt, dass eine Immobilienkorrektur nicht unterschätzt werden darf. Auch auf dem europäischen Kontinent zeigen sich in einigen Ländern Überbewertungen, gerade bei Wohnimmobilien. Ob die Immobilienproblematik sich verschärfen wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Länder mit einer hohen strukturellen Nachfrage, sei es aus demografischen Gründen oder (wie in der Schweiz) wegen Zuwanderung, könnten von einer geringeren Korrektur betroffen sein. Zudem wird relevant sein, wie lange die Leit- und Marktzinsen noch so hoch bleiben, was letztlich nur die Zentralbanken wirklich wissen können. Die Dauer dieser Phase historisch überdurchschnittlicher Zinsen wird neben dem wichtigen Faktor des Immobilienangebots von Bedeutung sein.

Insgesamt kann zusammengefasst werden, dass die Wahrscheinlichkeit von Immobilienkorrekturen global zwar zunimmt, sich jedoch je nach Land unterschiedliche Situationen ergeben werden. Immobilien bleiben von vielfältigen und komplexen Faktoren dominiert und sind weiter sehr von der Politik der Zentralbanken abhängig.

Gérard Piasko

Gérard Piasko

Gérard Piasko leitet als Chief Investment Officer das Anlagekomitee der Privatbank Maerki Baumann. Zuvor war er über viele Jahre Chief Investment Officer bei Julius Baer, bei Sal. Oppenheim und bei der Deutschen Bank.

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Redaktionsschluss: 18. Oktober 2023

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