Flexibler Altersrücktritt: Eine Win-Win-Situation für Unternehmen und Arbeitnehmende

Flexibler Altersrücktritt: Eine Win-Win-Situation für Unternehmen und Arbeitnehmende

Unternehmen stehen heute mehr denn je unter Druck, für Fachkräfte attraktiv zu sein. Flexible Arbeitsmodelle wie etwa schrittweise Pensionierungen sind ein Weg, die Generation 50 plus zu binden – und von ihrem Know-how zu profitieren.

Reformstau bei der Altersvorsorge sowie Preisanstiege durch Inflation: Arbeitnehmende blicken in eine finanziell herausfordernde Zukunft. Umso wichtiger ist es, dass nicht nur jeder Einzelne eigenverantwortlich vorsorgt, sondern auch Arbeitgebende ihre Mitarbeitenden aktiv unterstützen.

Die unternehmerische Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmenden ist jedoch nicht der einzige Grund, warum Firmen umdenken müssen: Ein weiterer ist der demografische Wandel, der zu einem Mangel an qualifizierten Fachkräften geführt hat. Parallel dazu haben sich die Ansprüche der Arbeitnehmenden an einen erfüllenden Job verändert: Eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist für viele mindestens so wichtig wie Gehalt und Karriere.

Rund jeder dritte Arbeitnehmende ist älter als 50 Jahre

Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels tritt insbesondere die Generation 50 plus in den Mittelpunkt, zu der immerhin rund 30 Prozent der Arbeitnehmenden in der Schweiz zählen. Jedes Jahr gehen zahlreiche Schweizerinnen und Schweizer in den Ruhestand; gleichzeitig rücken weniger Junge nach, die in die Arbeitswelt eintreten. Gemäss Prognosen der UBS werden auf dem Schweizer Arbeitsmarkt bis ins Jahr 2030 eine halbe Million Arbeitskräfte fehlen!

Umso wichtiger ist es, ältere Mitarbeitende möglichst lange im Unternehmen zu halten und von ihrem Know-how sowie ihren Erfahrungen zu profitieren. Dafür braucht es unter anderem die Einführung und Akzeptanz neuer Beschäftigungsformen. Hierzu zählen insbesondere flexible Arbeitsmodelle, die durch eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben das Wohlbefinden der Beschäftigten fördern. Beispiele sind etwa «Jobsharing» von jüngeren und älteren Mitarbeitenden sowie der schrittweise Abbau von Anforderungen, Lohn und Führungsverantwortung für ältere Mitarbeitende.

Flexibilität als Wettbewerbsvorteil

Ein fliessender Wechsel in den Ruhestand ist für Arbeitnehmende und Unternehmen eine Win-Win-Situation: Für den Arbeitgebenden ist er ein echter Wettbewerbsvorteil, da die längere Mitarbeiterpräsenz eine bessere Ausnutzung sowie eine geordnete Übergabe des fachlichen Know-hows ermöglicht. Andererseits entspricht ein fliessender Übergang in den Ruhestand dem Bedürfnis vieler Mitarbeitenden, im Alter sukzessive weniger, dafür aber länger zu arbeiten. Gemäss einer Studie von Swiss Life Schweiz kann sich die Hälfte der befragten 55- bis 70-Jährigen vorstellen, über das ordentliche Pensionierungsalter hinaus weiterzuarbeiten! (Repräsentative Bevölkerungsbefragung im Rahmen eines Online-Panels, durchgeführt durch das Marktforschungsinstitut ValueQuest GmbH in der zweiten Oktoberhälfte 2020.)

Bisher sind es vor allem grosse Schweizer Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden einen flexiblen Übergang in den dritten Lebensabschnitt ermöglichen. Dazu zählen u. a. Coop, Migros, Swisscom, Swiss Life oder SBB. Bei Migros werden zwei Drittel der Belegschaft frühpensioniert, wobei das Unternehmen ihre Mitarbeitenden durch ein dediziertes Generationenmanagement länger zu halten versucht. Dazu zählen eine frühzeitige Laufbahn- und Entwicklungsplanung, Teilzeitangebote sowie Projektleitungs- und Fachkräftepools.

Rentenaufschub: Kurzfristig weniger Steuern, langfristig mehr Rente

Obwohl es aktuell noch zu wenig Anreize für bezahlte Arbeit nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters in unserem Sozialversicherungsbereich gibt, existieren bereits vereinzelte Verbesserungen: Bei der beruflichen Vorsorge (2. Säule) wurden regulatorische Änderungen umgesetzt, die einen zeitlich flexibleren Wechsel in den Ruhestand ermöglichen. Auch können Vorsorgeeinrichtungen heute ihren Versicherten eine gestaffelte Teilpensionierung zwischen dem 58. und dem 70. Altersjahr gewähren. Ein späterer Bezug der Altersleistungen kann aufgrund höherer Umwandlungssätze attraktiv sein.

Berufliche Vorsorge

Berufliche Vorsorge (2. Säule)

Die neuen Regulierungen der beruflichen Vorsorge erleichtern den stufenweisen Ausstieg aus dem Arbeitsleben: Reduziert ein Arbeitnehmender sein Pensum ab dem 58. Altersjahr um bis zur Hälfte, kann er trotzdem zum bisherigen Lohn versichert bleiben. Wer über das ordentliche Rentenalter hinaus arbeitet, kann seine Pensionskasse bis ins Alter von 70 Jahre fortführen und weiterhin Beiträge einzahlen. Allerdings ist der Arbeitgebende dann nicht mehr verpflichtet, mindestens die Hälfte der Pensionskassenbeiträge zu übernehmen.

Mit Blick auf die Altersvorsorge sollten Arbeitnehmende möglichst frühzeitig ihren Übertritt in den Ruhestand planen. Hier zahlt sich insbesondere auch der Einbezug von Spezialisten aus, wie man sie bei unserer Privatbank findet. Vor allem die staatliche Vorsorge (1. Säule, kurz AHV) ist unflexibel und bietet im Moment nur zwei Wahlmöglichkeiten: Erstens die um maximal zwei Jahre vorgezogene Pensionierung; in diesem Fall wird die Rente für jedes vorbezogene Jahr um 6,8 Prozent gekürzt. Zweitens lässt sich der Bezug um bis zu fünf Jahre aufschieben. Bei Weiterführung der Erwerbstätigkeit können damit Steuern gespart werden. Zudem erhöht sie die Rente im Vergleich zum ordentlichen Pensionsalter um maximal 31,5 Prozent. Mit der geplanten Reform der Altersvorsorge (AHV 21) könnte durch Teilvorbezug oder Teilaufschub ein zusätzliches Mass an Flexibilität dazukommen.

Eine gute Vorbereitung ist das A und O

Eine gute Vorbereitung ist das A und O

Etwa zehn Jahre vor Erreichen des AHV-Alters ist es ratsam, den Pensionierungszeitpunkt zu planen und eine Vorsorgeanalyse mit Einnahme- und Ausgabenbudget sowie Vermögensbedarf erstellen zu lassen. Je näher die Pensionierung rückt, desto häufiger sollte die Analyse überprüft und bei Bedarf angepasst werden.

Rund fünf Jahre vor der Pensionierung sollte man sich Gedanken machen, ob das Pensionskassen-Guthaben als Rente, als Kapital oder in einer Mischform bezogen wird. Steuerlich bedeuten diese Varianten einen grossen Unterschied. Im Falle eines Kapitalbezugs können mit einer vorausschauenden Planung anfallende Steuern reduziert werden.

Einkommenslücken vorbeugen

Auch in der beruflichen Vorsorge (2. Säule) haben vorgezogene Pensionierungen negative finanzielle Folgen: So wird die Rente pro Jahr des Vorbezugs in Form eines tieferen Umwandlungssatzes und eines tieferen Alterskapitals gekürzt. Um spätere Einkommenseinbussen zu vermeiden und den gewohnten Lebensstandard weiterzuführen, helfen Einkäufe in die Pensionskasse sowie insbesondere Gelder aus der privaten Vorsorge (Säule 3a).

Säule 3a: Warum sie immer wichtiger wird

Durch den zunehmenden Druck auf die staatliche und die berufliche Vorsorge (AHV und BVG) erhält die private Vorsorge eine enorme Bedeutung. Eine immer älter werdende Gesellschaft, die entsprechend länger Altersleistungen bezieht, sowie ein jahrzehntelanger Reformstau in der Altersvorsorge machen die individuelle Vorsorge unumgänglich. Insbesondere die Säule 3a ist langfristig ein wichtiger freiwilliger Beitrag zur privaten Altersvorsorge. Die Einzahlung kann vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden und beträgt maximal CHF 6’883 pro Jahr (Stand 2022).

Einnahmequellen nach der Pensionierung
Einnahmequellen nach der Pensionierung

 

KMUs müssen umdenken

Je älter die Bevölkerung wird, desto mehr müssen Unternehmen nach Wegen suchen, um das Potenzial der älteren Arbeitskräfte besser auszuschöpfen und die Zusammenarbeit der Generationen zu verbessern. Die steigende Lebenserwartung macht aber auch die Diskussion über ein höheres Pensionsalter unumgänglich. Politik und Wirtschaft müssen weiter umdenken und sich den neuen Gegebenheiten mit innovativen Lösungen stellen.

Nils Ganz

Über den Autor

Nils Ganz, Leiter Hypotheken & Vorsorge, Mitglied der Direktion, ist seit 2018 für das Familienunternehmen Maerki Baumann & Co. AG tätig. Er hat sich in den Bereichen Pensionierung, Vermögensorganisation und Vorsorge spezialisiert und begleitet Privatkundinnen und Privatkunden seit über zehn Jahren bei entsprechenden Fragestellungen. Sein Wissen geht in individuellen Planungen auf, die sich stets an den individuellen Kundenbedürfnissen orientieren.

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